Ein Aromantisches Manifest

27.02.2021

Im Folgenden möchten wir das Aromantic Manifesto vorstellen - also ein aromantisches Manifest, das 2018 von yingchen und yingtong auf tumblr veröffentlicht wurde.

(in Gänze: https://drive.google.com/file/d/158QOrwOUri07DxwkwbQQddFwDRJbq0iK/view)

Offensichtlich empfehlen wir die Lektüre, auch wenn sie reinhaut - insbesondere für alle nicht-aro Queers! Don't you dare skip this!

(CNs für das Manifest: Erwähnung von Arofeindlichkeit, Transfeindlichkeit, Gewalt, Frauenfeindlichkeit)


Die Hauptthesen aus dem Manifest sind:

1. Romantik ist queerfeindlich.

2. Romantik ist ein gesellschaftliches Ideal und eine gewaltvolle Fantasie.

3. Romantik ist ein Machtinstrument.

4. Queere Befreiung muss Romantik als Langzeitziel abschaffen.

Let's discuss.


1. Romantik = queerfeindlich.

Aromantische Menschen sind queer. Die Zentrierung von romantischer Anziehung (in jedwedem, d.h. auch und vielleicht vor allem queerem Kontext) ist damit inhärent queerfeindlich, weil arofeindlich.

"queerness itself, we assume, wants to date" (S. 4) und "the modern queer movement has organised itself around the rhetoric of 'freedom to love': particularly the recognition of gay marriage and other queer romances." (S. 5)

Das heißt: der Fokus queerer Narrativen auf "love is love" und das Resultat daraus, "same-sex marriage", ignoriert und negiert die Option, keine romance einzugehen. Aro Erasure at its finest!


2. Romantik ist ein gesellschaftliches (d.h. öffentliches) Ideal, das privat (d.h. nicht-öffentlich) erreicht werden soll.

Romantik wird demnach von außen, d.h. von anderen Menschen, auf Leute projiziert und als Teil des menschlichen Lebens erwartet.

Diese gesellschaftliche Erwartungshaltung wird konzentriert in der Narrative: "no matter what obstacles we face, the power of love will make life bearable again." (S. 7). Andere Optionen werden nicht erwähnt.

"within cis-heteronormative society, romance is publically constructed as a private cure to any deep unhappiness we may feel" (S. 7). Dieses Heilungsversprechen ist übrigens einfach falsch, weil generalisierend und betrifft damit nicht nur aro Leute!

Romantik ist damit eine gewaltvolle öffentliche Fantasie, da sie, Kontext und Auswirkungen ignorierend, einfach als allgemeingültiges Narrativ übergestülpt wird - und das in dem Wissen, ein Ideal zu sein, das (zumindest von der breiten Masse) nicht erreicht werden kann.

"this promise of happiness is NOT privately generated by the romantic parties involved. rather, it arises from their ability to approximate the public fantasy of romance." (S. 7) Heißt also: Es werden nicht diejenigen als glücklich angesehen, die glücklich sind. Stattdessen gelten diejenigen als glücklich, die der öffentlichen Fantasie des Romantikideals sichtbar am nächsten kommen. "romance is not fundamentally about 'compatibility' but the approximation of a public ideal." (S. 8)


3. Romantik ist ein öffentliches Werkzeug zur Hierarchisierung von persönlichen Beziehungen.

Romantische Beziehungen werden als das Nonplusultra zwischenmenschlichen Seins angesehen. Damit werden u.a. Bemühungen, die Illusion einer 'guten' romantischen Beziehung aufrechtzuerhalten, unterstützt.

"those who cannot approximate the heteronormative ideal of romance, on the other hand, are expected to solve the problem privately." (S. 9) Das schließt sich an Punkt 2 an: das öffentliche Ideal soll privat erreicht und aufrechterhalten werden - egal wie.


4. Queere Befreiung muss Romantik als Langzeitziel abschaffen.

An Punkt 1 anschließend ist Romantik also ein Narrativ, das queer liberation im Weg steht: "this assimilationist fantasy ultimately hurts and inhibits queer liberation" (S. 11)

"it is often the most marginalised groups that need the romantic underdog fantasy the most" (S. 11) Das romantische Narrativ wird hier zum Werkzeug, um aufzuzeigen, dass marginalisierte Gruppen 'doch gar nicht so anders sind' als nicht-marginalisierte Gruppen. Speziell hier übernimmt die queere Communtiy häufig unhinterfragt dieses Narrativ: "queer romantic ideals remain incredibly heteronormative" (S. 9)

Das wirft für uns die Frage auf: Was wäre dann ein angemessenes Queering von Beziehungen?

Es gibt viele verschiedene Beziehungsformen, die mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Erwartungen besetzt werden. Queer Liberation sollte diese Erwartungen adressieren, statt ein heteronormatives Ideal auf andere Gruppen zu übertragen und damit andere auszuschließen.

Queering Romance darf nicht mit #LoveIsLove abgeschlossen sein, es ist mehr als queere monogame Pärchen. Etwas zu Queeren bedeutet, sich von Normativität zu befreien, also auch von allen normativen Vorstellungen über Romantik.

Zwei Ideen hatten wir diesbezüglich: Polyamorie queert Romantik, indem sie die Vorstellung herausfordert, alle Menschen könnten immer nur eine Person romantisch (oder 'partner*innenschaftlich' → siehe z.B. polya QPRs) lieben.

Beziehungsanarchie bricht die gesellschaftlich vorgegebene Hierarchisierung von Beziehungen auf (romantische Partner*in über Freund*innen, Familie über Kolleg*innen, etc.) und konzentriert sich darauf, individuellen Wünschen nachzugehen.


Zum Weiterlesen:

Beziehungsanarchie in 9 Punkten: https://mehrplatzfuerdieliebe.blogspot.com/p/beziehungsanarchie-in-8-punkten.html

Singlism: https://www.psychologytoday.com/intl/blog/living-single/201009/singlism-what-it-is-and-is-not-and-why-it-should-be-in-the-dictionary

mehr über Aromantik und Politik: https://aromanticmanifesto.tumblr.com/post/183240214307/pg-2-full-zine-at-tinyurlcomaromanticmanifesto 



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